Mittwoch, 11. Juni 2014

Heiserkeit und Herzblut

Football. Nicht englisch für Fußball, sondern wirklich Football. So brutal und amerikanisch und so..

Dieser Sport hat mich seit dem Superbowl 2013 immer mehr in seinen Bann gezogen, aber ich habe es immer noch nicht geschafft mir alle Regeln anzueignen geschweige denn meine Augen so zu trainieren, dass sie endlich jeden Spielzug mitbekommen. Vielleicht das Schicksal eines blindes Huhns oder einer Frau, die manchmal einfach nicht von ihren Nägeln ablassen kann ;) Durch die NFL-Übertragungen an Sonntagabenden von einem pinkfarbenen Sender mit der Ziffer nach 3 (hä? ratter, ratter.. ding! genauer der ;)) ist mir Football immer vertrauter geworden und durch die Sendezeit wurde mir das Aufstehen am Montagmorgen enorm erleichtert - wer's glaubt.

Dadurch habe auch schon früh erfahren, dass die Football Europameisterschaft 2014 in Österreich stattfindet. Man glaubt nicht wie schnell das Christkind laufen kann, wenn ihm sowas zu Ohren kommt ;) Schwupps, waren Karten für das Halbfinale in Graz (Österreich : Dänemark) und den Finaltag - hoffentlich Österreich : is mir eigentlich egal solang wir gewinnen - da.

Graz brachte neben einer familiären Visite auch eine kleine Stadtbesichtigung mit, aber eigentlich schweife ich vom Thema ab. Wir befanden uns abends in einem mittelmäßig gut gefüllten Stadion, das in rot-weiß badete. Doof nur, dass die Dänen diese Farben ebenso für sich beanspruchen wodurch die Unterscheidung bei einem schnellen Blick gar nicht so leicht fällt. Die Stimmung in der UPC Arena war wirklich gut und durchwegs freundlich. Ich war beeindruckt, dass sogar das Reißverschlusssystem (man zähle die "s") beim Ausfahren aus der Garage so einwandfrei funktioniert hat und die Stimmung auch im Untergeschoss noch ausgelassen war. Dies verwundert bei der Tatsache, dass Österreich gewonnen hat recht wenig - auch ich war fröhlich und heiter. Hätte mir nur niemand unter die Nase gerieben, dass unsere Farbfreunde eigentlich die Außenseiter waren.. Man wollte sich die Freude aber nicht vermiesen lassen, denn es war alles in allem ein tolles Spiel. Man möge mich beim Part über den Finaltag nochmal an diesen Satz erinnern.

Das riesige (im Vergleich zur UPC-Arena jedenfalls) Ernst-Happel-Stadion in Wien öffnete letzten Samstag seine Pforten und beherbergte die Spiele um die begehrten Siegertreppchen. Beim Spiel Finnland : Frankreich waren noch nicht so viele Menschen anwesend was leicht zu erklären ist, da Österreich erst rund drei Stunden später an den Start ging - um Sage und Schreibe um Gold zu kämpfen. Ich muss gestehen, dass ich nicht mit einem Sieg gegen die Franzosen gerechnet hätte, aber es sollte tatsächlich so sein, dass unser Heimatland gegen unsere Lieblingsnachbarn, die Deutschen, aufs Feld marschiert.


Es wurde viel geboten: haufenweise Pyrotechnik, viel nackte Haut von Cheerleadern, eine "Live"-Performance des IT-Girls welches den EM-Song zum Besten gab und unfassbar gute Stimmung. Zumindest bis Deutschland zwei Touchdowns hinlegte. Die Österreicher setzten im zweiten Viertel aber zu einer sensationellen Aufholjagd an und ich kann euch sagen: Wer nicht da war hat was verpasst. Diese 27.000 Menschen (wie ich später erfahren habe), getaucht in rot-weiß und ein paar anders dreifarbige Tupfer, haben Lärm gemacht, dass man sein eigenes Wort nicht mehr verstanden hat. Rufe, Klatschen und Tröten haben es geschafft, dass die Cheerleader am Feld die Musik nicht mehr gehört haben - böse Zuseher würden jetzt sagen, dass man das am mangelnden Taktgefühl bemerkt hat. Vielleicht kurz zur Erklärung: Wenn beim Football die Verteidigung der favorisierten Mannschaft an der Reihe ist, ist es quasi "Aufgabe" der Fans möglichst viel Lärm zu machen um der Offensive der Gegner die Kommunikation zu erschweren.  Die Stimmung war also grandios und wurde durch die großartige Leistung mit genauso großartigen Patzern nur noch mehr angeheizt.

Als im letzten Viertel die Uhr bei 00:00 ankam, herrschte plötzlich verdächtige Ruhe im Stadion - Gleichstand. Dadurch hat jedes Team noch einen Spielzug um möglichst viele Punkte (in dem Fall 7 an der Zahl) zu erreichen. Diese 7 Punkte erreichten nach der ersten "Nachspielzeit" beide und das Ganze wurde wiederholt. Diese Minuten waren an Spannung also kaum zu überbieten. In der zweiten Overtime gelang es den Rot-Weiß-Roten leider nicht die volle Punktezahl zu erreichen, dem Gegner schon. Hier kommt ein Knackpunkt über den ich mich als Nicht-Sportjournalistin nicht allzu sehr auslassen will, da mir die Expertise dazu fehlt und man im Nachhinein immer gern über die Schiedsrichter herzieht. Bei diesem Sport gibt es die Regel, dass sich ein Spieler nicht übertrieben über einen Erfolg freuen darf (ähnlich dem T-Shirt-Ausziehen beim Fußball). Nun erkläre das mal den Leuten am Feld, die in einem komplett aufgeheizten Stadion um den Titel spielen - einer war wohl zu happy. Ich habe mir erklären lassen, dass der Hauptschiedsrichter dem Regelwerk nach richtig gehandelt hat wodurch Deutschland ein komplett neuer Spielzug ermöglicht wurde (4 weitere Versuche um einen Touchdown zu erzielen). Man hätte aber auch eine Auge zudrücken können wie es der Meinung auf diversen sozialen Netzwerken und von Menschen, die mehr Ahnung davon haben als ich, entspricht. Kurzum: Österreich hat mit lausigen drei Punkten Rückstand verloren.

Wer mich gut kennt, weiß, dass eine Niederlage gegen Schwarz-Rot-Gold für mich noch bitterer ist als viele andere es gewesen wären, aber: Ich mag Football gerade aufgrund der (zumeist) vorherrschenden Fairness und der Tatsache, dass es sich dabei eher um eine große Familienparty handelt. Ganz anders als bei diversen Fußballspielen grillen die Fans vor Spielen gemeinsam auf dem Parkplatz und an Fansektoren denkt dort niemand. Dies schließt natürlich Reibereien auf und außerhalb des Spielfeldes nicht aus, aber im Großen und Ganzen läuft es friedlich ab. Deshalb muss ich auch die Ermahnung und Leistung des Kommentators in Wien loben, der bei Buhrufen - Leistung der Schiris hin oder her, im Endeffekt gilt ihr Wort - versucht hat zu besänftigen und immer wieder erklärte, dass solche Aktionen beim Football nichts zu suchen haben.

Weil ich diese Einstellung so schätze und weil das deutsche Team nichts für das Verhalten der Schiedsrichter kann, bin ich für sie aufgestanden und ihr könnt mir glauben - es war wie Essig. Aber man muss einfach sagen, dass beide Teams eine hervorragende Leistung abgeliefert haben und Österreich stolz auf den bisher besten Platz bei einer Europameisterschaft sein kann. 

Natürlich hinterlassen die heiß diskutierten Entscheidungen der Referees einen fahlen Nachgeschmack und die Zweitplatzierten sind immer die ersten Verlierer, aber Österreich hat ein fabelhaftes und an Spannung kaum zu überbietendes Spiel gezeigt. Eine Facebook-Userin hat es kurz und knackig zusammengefasst:

Wir werden einfach Weltmeister! ;)


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